ADAC FahrertrainingAm Sonntag, dem 31.08.2009 fand in Augsburg ein sog. "Pkw-Intensivtraining" beim ADAC statt - und unser IQ war dabei. Wohlgemerkt mit 16er Pirelli P Nero Zero 205/45 Bereifung. Mir war das Training wichtig, da der IQ mein erstes Microcar ist und ich das Fahrverhalten eines solchen Winzlings auch in Ausnahmesituationen kennenlernen wollte. Und ob das angeblich schlechte Nässeverhalten durch den Bereifungswechsel verbessert wurde.
Das Training dauerte acht Stunden, Theorie und Praxis wechselten sich ab. Insgesamt zwölf Teilnehmer waren wir, zwanzig bis sechzig Jahre alt. Die Hälfte davon war weiblich, und die trat durchaus mit leistungsstarken Gefährten an: Zwei Mercedes Coupes waren dabei. Älter als fünf Jahre schien mir dabei kein Fahrzeug zu sein, unter anderem: Honda S2000, ein großer Volvo Kombi, ein Megane SPORT, ein neuer Astra, ein älterer Golf, ein 5er BMW, ein Mini neuerer Bauart, eine A-Klasse, ein Honda Jazz. Die Atmosphäre war sehr angenehm, die Tattoo-Goldkettchen-Fraktion findet man dann wohl eher beim Schleudertraining auf dem Nürburgring.
Das Training steigerte seinen Schwierigkeitsgrad stufenweise und gab so genug Gelegenheit, sein Fahrzeug hinreichend kennenzulernen. Streckenbelag und -führung mitsamt Bewässerungssystemen waren so ausgelegt, dass man nicht oberhalb von 50 km/h gehen musste, um bereits in Grenzsituationen zu kommmen. Das offizielle Trainingsgelände des ADAC bot stets ausreichende Sicherheitsspielräume. Jede/r Teilnehmer/in erhielt ein Funkgerät, über das die Anweisungen erteilt wurden. Jede Praxis wurde mit Theorie vorbereitet. Die zwölf Teilnehmer bildeten zwei Gruppen, die jeweils abwechselnd drankam und so das Verhalten der anderen Gruppe diskutieren konnte.
Richtiges Bremsen: Das ABSEine echte Vollbremsung heißt, sofort mit maximaler Kraft und Geschwindigkeit in die Eisen zu steigen - so als wolle man eine Cola-Dose platt treten. Erst wenn das ABS von der ersten bis zur letzten Sekunde arbeitet, kann man von einer echten Notbremsung sprechen - dementsprechend hoch war gelegentlich die Hemmschwelle. Das setzt natürlich voraus, dass man richtig vor dem Lenkrad sitzt: Wer sein Knie komplett durchdrücken muss, um das Bremspedal ganz zu betätigen, sitzt falsch: Diese Position kann beim Crash (nicht nur) einen Beckenbruch nach sich ziehen.
Beim Ausweichen (und dahinter wieder Einscheren!) vor einer plötzlich auftauchenden Wasserwand muss auch der Abstand zum Lenkrad und dessen Haltung (Viertel nach Neun) stimmen, weil schnelle, präzise und teils große Lenkreaktionen gefragt sind - und trotz Servo deutliche Lenkkräfte auftreten. Wer die Daumen tief in die dafür vorgesehenen Mulden legt, riskiert zumindest bei manchen Automarken spätestens beim Schleudertest Fingerbrüche - wenn nämlich in weniger als einer Sekunde die maximalen anderthalb Umdrehungen abgerufen werden müssen.
Eindrucksvoll war der Unterschied des Bremswegs (inklusive Schrecksekunde!) aus 50 und aus 70 km/h: An dem Platz, wo das Fahrzeug bei einer Vollbremsung aus 50 km/h noch zum Halt kommt, hat es bei 70 km/h noch etwa halbe Restgeschwindigkeit. Da wir das aus der Hocke betrachten durften, konnten wir nachvollziehen, was das für ein zwischen Fahrzeugen herauslaufendes Kind bedeutet. Denn zum Bremsweg addiert sich der innerhalb der Schrecksekunde zurückgelegte, ungebremste Weg.
In der Folge wurde das Bremsverhalten auf Asphalt, nassem Asphalt sowie Schnee-Imitat geübt. Interessant war an dieser Stelle, dass bereits 2 km/h mehr den Unterschied zwischen erfolgreichem Ausweichen und völligem Versagen bedeuten können. Ebenfalls dran war das Bremsen bergab mit links und rechts unterschiedlichen Fahrbahnbelägen: Den dabei auftretenden, deutlichen Schlag auf das Lenkrad, der trotz ABS ein gutes Festhalten erfordert, muss man erst einmal erlebt haben.
Und dass abgesehen davon das ABS ein weiteres Ausbrechen verhindert, denn das anfangs von einigen gemutmaßte Schleudern trat nicht ein, trotz der eben unterschiedlichen Fahrbahnbeläge links und rechts. Das Bremsverhalten des IQ war mit meiner Bereifung erwartungsgemäß sehr zufriedenstellend, sein Bremsweg war einer der kürzesten.
Kurvenfahrt: Das ESPIn einem Kurvenradial durfte der IQ seine Paradedisziplin bewältigen und sorgte bei Trainer und Kursteilnehmern für hängende Kinnladen: Egal ob Sport-Coupe, Mercedes-Coupe oder BMW Mini - bei enger Kurvenfahrt auf nasser Piste mussten sie bei etwa 45 km/h die Segel streichen, unser IQ aber kam bis auf 55 km/h hoch. Wohlgemerkt: Nicht mit der Serienbereifung! Spätestens hier machen sich die teuren Reifen absolut bezahlt.
Geübt wurde mit und ohne ESP, um dessen Wirkung kennenzulernen. Denn bei der Wirkung des ESP kommt es auf den Lenkeinschlag an: Wird das Auto aus der Kurve getragen, regelt das ESP nur so stark gegen, wie es der Lenkeinschlag vorgibt. Daher ist der Lenkeinschlag umso weiter in Kurvenrichtung zu erhöhen, je stärker man aus der Kurve getragen wird: Als Zuschauer konnte man sehr gut die steigende elektronische Einbremsung des inneren hinteren Rades beobachten.
Im Anschluss hieß es, auf Kommando mitten in der Kurve eine radikale Vollbremsung einzuleiten, ohne die Spur zu verlassen. Auch hier bewährten sich das geringe Gewicht des IQ und die guten Reifen: Er blieb zu jeder Zeit absolut beherrschbar.
Zurück an den Hang: Bergabfahrt mit engen S-Kurven, nasser Asphalt, plötzliche Wasserwand. Ziel: Kontrolliert ausweichen und dabei trotzdem die dahinter liegende scharfe S-Kurve fehlerfrei nehmen. Je größer bzw. schwerer das Fahrzeug, umso schwieriger wurde es - gerade 5er BMW und Mercedes E-Klasse hatten zu kämpfen. Der IQ ließ sich hingegen exakt abbremsen und wie ein Go-Kart um die S-Kurve schlängeln: Auch der anschließenden Wettbewerb um die punktgenaueste Vollbremsung vor der Wasserwand ging an ihn.
Ans Eingemachte: SchleudernAls letzte Dispziplin stand der Schleuderkurs auf nassem Asphalt an: Eine Bodenplatte versetzte der Hinterachse einen seitlichen Schubs und brachte das Fahrzeug zum Schleudern - wer hier nichts unternimmt, vollführt eine anderthalbfache Pirouette. Die Richtung war zufallsgesteuert - da jeder sieben Mal dran kam, gab es wenig Möglichkeit zur Gewöhnung.
Dass der IQ beim ersten Schleudern nicht gut abschnitt, lag definitiv an mir: Meine Korrekturbewegungen waren zu gering und zu langsam. Nach diesem Freiversuch klappte es die restlichen Male dann aber gut: Erst schnellstmöglich maximal gegenlenken, und wenn dann noch den Gegenimpuls in die andere Richtung abfangen. Mit dem Wissen im Hinterkopf blieb der IQ mindestens genauso gut beherrschbar wie seine Kommilitonen, von denen sich viele öfter drehten.
Abgerundet wurde das Training durch interessante Tips. Die ruhige und unkomplizierte Art der Kursleiterin sorgte für eine angenehme Atmosphäre. "Wir staunen alle über Ihren IQ", war ihr Abschlusssatz, "vielleicht wäre das eine Alternative für unsere Damen hier?" Gemeint waren natürlich die Fahrerinnen der Mercedes-Coupes, die allerdings dankend ablehnten. Etwas anderes hätte ich auch nicht erwartet
FazitIch hatte erwartet, mit dem IQ sicherheitstechnisch auf den hinteren Rängen zu sitzen. Das Gegenteil war aber der Fall: BMW und Mercedes-Coupe waren trotz ihrer gewaltigen Breitreifen als Hecktriebler im Nachteil, aber auch die direkte Konkurrenz wie BMW Mini oder die A-Klasse konnten den IQ nicht überflügeln. Selbstverständlich ist mein Erlebnis keine wissenschaftliche Studie, und alles wird durch Reifenwahl und Fahrerkönnen relativiert. Mir persönlich aber reicht das erlebte gute Gefühl, mit dem IQ fahrwerkstechnisch keine Abstriche gemacht zu haben.